Hugh Walker : Drakula


Genre : Horror
Blitz-Verlag “Phantastische Romane Band 12“ (1998)
352 Seiten, nummerierte Sammlerausgabe mit Autogrammeindruck

Hugh Walker ist das Pseudonym des österreichischen Schriftstellers, Herausgebers und Übersetzers Hubert Straßl, geboren 1941 in Linz. Sein bekanntestes Werk sind die Magira-Romane, die einst in der Reihe Terra Fantasy des Pabel-Verlages erschienen. Diese Reihe betreute Hugh Walker ebenfalls als Herausgeber. Er schrieb bei den Fantasy-Heftserien DRAGON und MYTHOR mit.
Neben seinen Fantasy-Romanen ist er bekannt für seine hervorragenden Horror-Geschichten, die erst im Vampir-Horror-Roman, dann in der Reihe Dämonenland erschienen. Der vorliegende Band erschien als Vierteiler in beiden Reihen.

Ich befand mich auf dem Heimweg, als ich das Mädchen zum erstenmal sah. Sie war brünett, und ihr schulterlanges Haar flog, als sie eilig ihres Weges ging. Sie hatte ein schmales, beunruhigend attraktives Gesicht mit dunklen Augen und Brauen und einem entschlossenen Zug um den Mund. Sie trug eine grüne Bluse und offenbar nichts weiter darunter. Der Anblick war, gelinde ausgedrückt, aufregend. Die braunen Cord–Jeans zeigten leider nichts von ihren Beinen, aber bereits ihr Gesicht und ihr Gang machten klar, dass sie mein Fall war, und ich beschloss, meinen Kopf in die Schlinge zu stecken, auch wenn ich noch nicht wusste wie.
Ich war nie besonders einfallsreich, was solche Dinge anbelangt, aber als Detektiv hat man da ein paar Möglichkeiten. Und das Mädchen war einen unbezahlten Auftrag wert.“


Harry Fuchs folgt dem Mädchen bis zu einer Telefonzelle. Erstaunt sieht er, dass sie seine Nummer wählt. Als sie ihn wahrnimmt, flieht das Mädchen mit einem Ausdruck von Todesangst im Gesicht. Zurück bleibt ihre Tasche. Wie er schnell herausfindet, ist ihr Name Babara Rothenberg. Der Name kommt ihm bekannt vor. Vier Jahre zuvor hatte er für ihren Vater, einen Großindustriellen, einen Auftrag bezüglich Werksspionage durchgeführt. Aber warum flieht das Mädchen vor ihm, wenn sie andererseits versucht, ihn zu kontaktieren? Sie versucht es erneut und ihre Panik erklärt sich.
Ihre Schwester Sonja war drei Tage lang spurlos verschwunden, nachdem sie sich vorher von einem Mann verfolgt sah, der wie Harry Fuchs aussah. Als Sonja wiederkehrt, hat sie Bisswunden am Hals und einen hohen Blutverlust. Sonja kann sich nicht an die drei Tage erinnern. Und nicht nur das. Sie verfällt jeden Abend um kurz nach acht in einen Trancezustand. Fuchs beschließt, Sonja am gleichen Abend einen Besuch abzustatten. Er nimmt Dr. Fellner mit, einen Gerichtspsychologen, der ihm bei der Lösung des Falles helfen soll.
Es stellt sich heraus, dass Sonja einen Posthypnotischen Befehl in ihrem Bewusstsein verankert hat. Und nicht nur sie. Dr. Fellner überprüft mithilfe der Polizei die anderen Entführungsopfer und stellt ein übereinstimmendes Verhalten fest.
Alle Entführungsopfer fallen um die gleiche Zeit in einen Trancezustand. Der Detektiv steht vor einem Rätsel.
Fuchs und sein Partner Freddie Morton, ein ehemaliger Knastbruder, stoßen durch Zufall auf den „Beißer“. Sie retten eine Frau vor ihm, werden aber selbst von dem Wesen gebissen. Morton schießt dem Beißer vier Kugeln in den Leib, doch dieser zeigt sich unbeeindruckt. Als Fuchs versucht, den Beißer zu fassen, verwandelt dieser sich in eine Fledermaus und entkommt.
Für Fuchs beginnt eine Zeit zwischen Unglauben und Angst. Immer mehr kristallisiert sich heraus, dass die Legenden vom Vampir Wirklichkeit sind. Doch wer soll ihm in unserer heutigen aufgeklärten Welt glauben?
Fuchs nimmt die Spur eines Hypnoseopfers auf und verfolgt es bis zu der Klinik eines Dr. Alfred Lukard. Fuchs spielt ein Hypnoseopfer und schmuggelt sich in die Klinik ein. Er findet ein Büro der Blut GmbH, die mit Blutkonserven handelt. Außerdem findet er einen Patienten, dem sein Vorhandensein in der Klinik schleierhaft ist. Fuchs sucht weiter und wird entdeckt. Es gibt sie. Vampire fallen über ihn her.
Wie er erfährt, versucht Dr. A. Lukard die Vampire zu kultivieren. Lukard nimmt seinen Patienten Blut ab und ersetzt es durch synthetisches Blut. So treiben die Vampire ihr Unwesen, ohne das ihr wirkliches Wesen entdeckt wird. Ihr größter Trumpf ist die Ungläubigkeit der technisierten Welt. Wird es Fuchs gelingen zu entkommen und die offiziellen Stellen zu überzeugen, dass es sie gibt?

Geschickt spielt Hugh Walker mit dem Widerspruch „Aberglaube“ und „aufgeklärte Welt“. Ein Textbeispiel:
Urban schüttelte den Kopf. „Sie sind also real und doch nicht. Was sind sie nun wirklich?“
Eine verdammt reale Illusion“, sagte ich ernst.
Eine besondere Art von Irrsinn“, bemerkte Freddie.
Ich nickte. „Eine, die seit Jahrtausenden in uns nistet, seit die Menschen an Götter und Dämonen glauben, die sie selber erdacht haben. Das ist der Fluch unserer Phantasie. Und jetzt ist sie lebendiger, als uns lieb ist.“
Nicht nur der Kampf gegen die Vampire, auch der Kampf gegen den Unglauben an sie, wird für Fuchs und seine Mitstreiter zu einer großen Herausforderung. Und während er weiterkämpft, wächst der Keim in ihm, der ihm die Sonne heller erscheinen lässt und einen ganz besonderen Durst in ihm erzeugt.

Der Roman ist packend von der ersten bis zur letzten Zeile. Ein apokalyptisches Szenario mit Helden, die ganz normale Menschen sind. Atmosphärisch dicht erzählt spinnt Hugh Walker eine Welt ohne Hoffnung. Als die Vampire in Wien auftreten, müssen die Menschen die Hilfe der Toten in Anspruch nehmen, um ihre Welt zu retten. Immer wieder hat der Autor überraschende Wendungen, welche die Geschichte überaus spannend und interessant machen. Sollte jemand Vorurteile gegenüber Heftromanen haben, ist der vorliegende Band eine gute Möglichkeit, diese zu revidieren.
Und für diejenigen, die den Autor Hugh Walker nicht kennen, wird es höchste Zeit, diesem Umstand Abhilfe zu leisten. Für Freunde von Vampirgeschichten ein absolutes Muss. Nur zartbesaitete Seelen sollten die Finger von „Drakula“ lassen.

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