Der moderne Künstler

Reisen bildet. Und manchmal entdeckt man Parallelen zu eigenen Erfahrungen.
Heute traf ich einen Amerikaner, den ich gestern auf dem Marktplatz in Luang Prabang kennengelernt habe. Nach ein paar schönen Geschichten über einen Hurrikan am Südzipfel Mexikos und einem Monsunregen, der ihn eine Meile vor der thailändischen Küste erwischte, erzählte er mir, dass er ein Buch geschrieben habe. Autoren gibt es halt überall und ich freue mich, einen Gleichgesinnten getroffen zu haben.
Auf meine Frage, wo es denn erschienen wäre, kam die Antwort, dass es noch unveröffentlicht wäre, er aber einen Verlag an der Hand habe. Er müsste nur 10.000 US $ investieren, der Verleger würde selbst die gleiche Summe bereitstellen, um die Unkosten des Buches zu begleichen und es auf den Markt zu bringen, alles natürlich schriftlich fixiert mit erhöhter Tantieme für den Autor. Der Verleger selbst sei mit dem Dalai Lama bekannt (er hat ihn wahrscheinlich einmal getroffen, so vermute ich, frage aber nicht weiter nach).
Weiter erzählt er von einer Dreiteilung des Verlagsgeschäftes: Publikumsverlage, Selbstverleger und in der Mitte solche wie sein Kleinverlag, bei dem er ins Auge gefasst hat, zu veröffentlichen.
Die Situation in Deutschland ist ja ähnlich. Es gibt die großen Verlage wie Heyne, Bastei und Piper. Deren Programm richtet sich zum Grossteil nach dem Bedürfnis der Masse und folgt entweder den aktuellen Bestsellern oder den Kassenschlager der Kinokassen.
Jugendliche Helden a la Harry Potter, Romane über Elfen und Orks, aktuell sind Vampirromanzen der Renner und irgendwann in naher Zukunft folgt die nächste Strömung.
Auf dem Markt tummeln sich mittlerweile auch viele deutsche Autoren, die erfolgreich diesem Trend folgen. Dazu eine Masse an Namenlosen, die dies ebenso erfolglos tun und vergebens auf ihren Durchbruch wartet.
Das sind Lohnschreiber, wie man sie sonst vor allem aus der Heftromanszene kennt. Wenn es die Vorlieben der Autoren trifft, ist das eine schöne Sache. Verkauft er sich nur und ist ihm die Thematik eigentlich zuwider, hat er einen Beruf unter vielen wie den Autoverkäufer oder den Maschinenbauer. Das Motto „Schreiben ist ein Handwerk“ passt da nur zu gut.
Im Erfolgsfall werden aus Lohnschreiber Trendsetter und sie generieren ihre eigenen Strömungen und werden zu etablierten Autoren.
Etablierte deutsche Autoren gibt es mittlerweile einige und sie scheinen sich gut zu verkaufen: Andreas Eschbach, Kai Meyer, Wolfgang Hohlbein, Frank Schätzing oder auch Markus Heitz.
Doch alle müssen sich dem Gesetz des Marktes stellen und aktuellen Strömungen folgen. Zu schnell ist man „Weg vom Fenster“, zu schnell vergessen n unserer schnelllebigen Zeit.
Wer diesen Marktgesetzen nicht folgen will, findet eine aktive Kleinverlagsszene, die sich aber von den Marktgesetzen ebenfalls nicht abkoppelt. Auch sie will Bücher verkaufen und braucht einen Markt, sprich den Leser in ausreichender Zahl.
Doch die Kleinverlagsszene hat einen Vorteil, sie bedient viele Nischen und mit etwas Glück findet man einen Verlag, der dem eigenen Werk entspricht. Das gelingt jedoch selten zu hundert Prozent. Doch sich einfach ins Blinde mit seinem Manuskript zu bewerben, bringt vielfach nur Frustration. Die Absagen sind vielzählig, oft genug erfolgt auch gar keine Rückmeldung.
Und sollte das Werk angenommen werden, es aber nicht zum Leserkreis passen, nützt die ganze Veröffentlichung nichts: Zumeist kommt als Rückmeldung scharfe Kritik und die Zahl der Leser bleibt gering.
Da ist manches Mal Geduld angesagt. Temperament ist nichts, was einem Autoren weiterhilft, Beharrlichkeit dagegen eine wichtige Tugend.
Glaubt man an sein eigenes Werk, findet aber keinen passenden Verlag, bleibt der Weg des Selbstverlegens. Abzuraten ist von Druckkostenzuschussverlagen. Man zahlt ordentlich für die Dienstleistung der Druckvorbereitung und des Druckes, muss sich aber um den Verkauf der Bücher selbst kümmern. Die investierte Summe wird meistens nicht wieder erwirtschaftet. Somit sponsert man diese DKZ-Verlage, was anderes bedeutet so eine Veröffentlichung nicht.
Bleibt der Eigenverlag, in dem man alles selbst übernimmt und die größtmögliche künstlerische Freiheit besitzt.
Generell hat es der moderne Künstler heute einfach. Die Kosten (und auch der Aufwand) sind durch die Digitalisierung relativ niedrig. Das merkt man als Musiker, der keine Schallplatte oder ein Demoband produzieren muss. So auch der Schreiber, der ein gedrucktes Werk mittlerweile ohne Kosten (Ausnahme natürlich das Belegexemplar) bei Create Space Publishing bekommt, wenn er genügend Eigenleistung in Kauf nimmt.
Als Schreiber ist natürlich der günstigste Weg eine Onlineveröffentlichung oder ein ebook. Eine eigene Homepage oder ein Blog ist nahezu kostenlos zu haben (wenn man sowieso online ist), außerdem gibt es zahlreiche Veröffentlichungsplattformen wie eZines und Schreibplattformen. Und natürlich gibt es kdp select, dort kann man ebenfalls ohne Kosten veröffentlichen.
Doch dieser kostenlose Weg ist ebenso wie die gedruckte Variante nicht nur Segen sondern auch Fluch. Unzählige Schreiber wählen den gleichen Weg und die ungeheure Flut von Texten macht es schwierig, den passenden Autor zum passenden Leser (und umgekehrt) zu bringen. Durch die Masse an ebooks, die den Markt förmlich überströmen, wird das eher noch schwieriger.
Man benötigt also Kontakte.
Es gibt Foren, in denen man Leser, Verleger und Gleichgesinnte findet.
Anthologien und Magazine, deren Leserzahl meist begrenzt bleibt.
eZine, in deren Wust von Texten man meist untergeht (gerade wenn man sich noch keinen Namen gemacht hat).
Zahlreiche Ausschreibungen und Wettbewerbe bieten sich an, ein vorderer Platz im Endergebnis macht sich da gut in der Vita. Ebenso eine Nominierung bei einem der Literaturpreise.
All das formt den Künstler. Absagen von Verlegern, Lektorate und der Vergleich mit den Mitbewerbern ändert die eigene Kunst. Mal zum Vorteil, mal zum Nachteil. Eine ständige Veränderung ist in Gang gesetzt wie überall im Leben.
Manche behaupten, „Schreiben ist ein Handwerk“. Das stimmt im Grundsatz und bildet die Basis für das eigene Schaffen. Aber nur mit Handwerk sticht man weder aus der Masse der Schreibenden heraus, noch hebt man sich vom Lohnschreibertum ab.
Entscheidend sind immer noch der Inhalt und die besondere Weise, wie er dargebracht wird. Der Künstler will und muss eigene Akzente setzen. Doch eigene Akzente treffen selten allgemeine Akzeptanz, weder bei Verlegern, noch bei Lesern, auch wenn von denen immer gerne das Gegenteil behauptet wird.
Wer es trotzdem schafft, mit eigenständiger Kunst die Massen zu begeistern, ist ein wirklicher Künstler, keiner, der einfach nur den Beruf des Autoren ergriffen hat. Hoffen wir, dass der Ruhm nicht wie so oft posthum erworben wird, denn das lehrt uns die Geschichte.
Daher lieber moderner Künstler. Verzage nicht, sondern gehe deinen eigenen Weg. Auch wenn er ein dorniger ist. Den Beharrlichen küsst das Glück. Irgendwann!

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